Diabetes insipidus
Das übermäßige Saufen und Pieseln Ihres Hundes können Hinweise auf einen Diabetes insipidus sein
Der Diabetes insipidus ist nicht mit dem Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) zu verwechseln und hat mit diesem auch nichts zu tun.
Diabainein heißt im griechischen „hindurch fliessen (passieren) und insipidus im lateinischen „ohne Geschmack“
Beim Diabetes insipidus wird vermehrt Urin (Polyurie), mit einer geringeren (hypotonen) Konzentration ausgeschieden. Weiterhin tritt bei dieser Krankheit ein verstärkter Durst auf (Polydipsie) und hält über einen längeren Zeitraum an. “ Der Hund säuft plötzlich wie ein Loch“ Tägliche Wassermengen von mehr als 80 ml/Kg Körpergewicht sind pathologisch (Niemand u. Sutter 2000). Dabei nehmen große Hunde weniger Flüssigkeit auf als kleine Hunde.Bei Tieren zwischen 40-100 kg sind es etwa 45-30 ml/kg.
Durst kann aber auch andere Ursachen haben an die man denken muß : trockenes Futter, sportliche Leistungen, sommerliche Temperaturen. Medikamente z.B.Cortison, (http://www.doggenallerlei.de/das-hexenpulver-cortison.html), Antibiotika, Tumormedikamente, u.a. erhöhen die ausgeschiedene Urinmenge und führen so zu einer erhöhten Flüssigkeitsaufnahme. Wichtig bei Herz- und Nierenerkrankungen werden Diuretika (Entwässerungstabletten) eingesetzt.
Feststellen kann man eine Polydipsie in dem man die tatsächlich aufgenommene Flüssigkeitsmenge über den Tag kontrolliert. Als weitere Untersuchung, jetzt durch den Tierarzt, muß die Harnkonzentration und Stoffe wie Zucker oder Eiweiß im Urin bestimmt werden.Gleichzeitig werden auch Blutuntersuchungen um andere Ursachen sicher auszuschliessen, veranlasst. Denn wie man unschwer an sich selbst bemerken kann, ist alleiniges vermehrtes Pieseln nicht unbedingt ein Hinweis auf eine Erkrankung. Bakterielle Infekte der Genitalien bei weiblichen wie auch männlichen Tieren,Leber-,Bauchspeicheldrüsen-, Nieren- Schilddrüsenerkrankungen, Vergiftungen, Cushing-, Addisonsyndrom (http://www.doggenallerlei.de/morbus-addison.html) und viele andere Krankheiten können ebenso eine Rolle spielen, dabei nie den Diabetes mellitus vergessen!
Was hat nun dieses Pieseln mit dem Diabetes insipidus zu tun?
Die Ausscheidung von Urin durch die Nieren dient der Regulation des Flüssigkeits- und Elektrolythaushaltes,ausserdem werden so Stoffwechselabbauprodukte aus dem Körper geschleust. Zunächst wird aus dem Blut, welches durch die Nierenkörperchen fließt, ein Ultrafiltrat gewonnen und über ein Röhrensystem weitergeleitet. Aus diesem Primärharn werden etwa 99% des Wassers und wichtige wiederverwertbare Inhaltsstoffe zurückgewonnen. Der Rest wird über das Nierenbecken, die Harnleiter und die Blase und die Harnröhre ausgeschieden.Wie schon oben erwähnt, läßt sich diese Diurese (Harnproduktion und Harnausscheidung) manigfach beeinflussen.
Vermehrte Zuckerausscheidung deutet auf Diabetes mellitus hin,
vermehrte Eiweißausscheidung kann durch Schaumbildung auf dem Urin auf eine Proteinurie und Nierenerkrankung hinweisen.
PH-Wertveränderungen, Geruchs- und Farbänderungen sind manchmal auch Hinweise für Erkrankungen.
Nicht zu vergessen die ausgeschiedenen Hormone und Duftstoffe, die bei unseren Hunden zur Kommunikation benutzt werden (z.B. „Hallo hier ist mein Revier“ oder „Hallo ich hätte Lust auf ein Date“)
Nun zurück zum Diabetes insipidus. Er ist charakterisiert durch extremen Durst, häufiges Urinieren und schwache Salzkonzentration.
Wo ist jetzt aber der Fehler? Den Wasserhaushalt beeinflusst das „antidiuretische Hormon“ (ADH), Manche werden es unter dem Namen „Vasopressin“ kennen. Es wird im Hypothalamus gebildet, einer Region im Gehirn, die mit einer Hormondrüse, der Hypophyse verbunden ist.Durch Ausschütten von ADH werden in den Nieren die Urinsammelrohre stimuliert vermehrt Wasser zurückzugewinnen.(Es gibt noch einen anderen Steuerungsmechanismus, der aber hier keine Rolle spielt) Nun kann man sich das vereinfacht so vorstellen: Der Hypothalamus meldet „Der Salzgehalt ist im Blut zu hoch“ es wird durch die Hypophyse ADH ausgeschüttet und die Nieren gewinnen Wasser aus dem Urin zurück und übergeben dieses wieder dem Blutkreislauf womit die Salzkonzentration sinkt . Dieser Steuermechanismus erfolgt zwischen Gehirn und den Nieren. Sollte es nun zu einem Defekt an den Nieren z.B. durch Nierenentzündungen, Nierentumoren oder Medikamente, kommen, dann nennt man diese Erkrankung „nephrogener Diabetes insipidus“, weil die Nieren nicht auf das Hormon ADH ansprechen, obwohl davon genügend vorhanden ist. Den „zentralen Diabetes insipidus“ findet man bei Störungen im Gehirn an der Hypophyse. Es wird zu wenig oder kein ADH gebildet. Meist sind Tumore, Metastasen,Entzündungen oder Unfälle daran Schuld, aber auch Vererbung spielt eine Rolle. Egal ob bei dem Hund nun ein zentraler oder renaler Diabetes insipidus vorliegt, ist die Fähigkeit der Nieren den Urin zu konzentrieren, eingeschränkt, was zu einem vermehrten Pieseln führt.
Also wird man als ersten Schritt bei Verdacht auf einen Diabetes insipidus den Besitzer nach Medikamenten befragen, dann wird die Zusammensetzung des Futters abgeklärt, ob dieses sehr salzhaltig oder eiweißarm ist. Dann sollte der Urin untersucht werden, vor allem die Harnkonzentration.Blutbild und weitere blutchemische Untersuchungen halte ich für selbstverständlich. Zur endgültigen Sicherung der Diagnose gehören der AHP (Vasopressin-) Test und Durstversuche
Bei dem AHP-Test führt man dem Hund von aussen das Hormon Vasopressin zu. Bei Ansprechen auf diesen Test liegt meist ein „Diabetes insipidus centralis“ vor. Kein Ansprechen weist auf einen „Diabetes insipidus renalis“ hin, da ja in den Nieren das Hormonsignal nicht erkannt wird.
Eine weitere Abklärung kann durch die Durstversuche erfolgen.Diese werden wegen ihrem massiven Eingriff in den Wasserstoffwechsel und der besseren Kontrolle nur unter stationären Bedingungen durchgeführt. Um andere Erkrankungen (Tumore, Metastasen) im Gehirn und an den Nieren auszuschliessen wird man eine Kernspintomographie (MRT) empfehlen.
Die Behandlung des „Diabetes insipidus centralis“ wird durch das synthetische Vasopressin (Desmopressin, Minirin®) ermöglicht (Nasenspray, Augentropfen ,Tabletten oder Injektion) Eine 100 % ige Symptomfreiheit ist unter dieser Therapie auch nicht immer gewährleistet. Es muß ausreichend Wasser zur Verfügung stehen, regelmäßige Medikamentengabe und Kontrollen durch den Tierarz sind Pflicht.
Der „renale Diabetes insipidus „ ist mit salzarmem Futter und Hydrochlorothiazid (Esidrix ®) einzustellen, was sich aber auf Grund der oft unklaren Grunderkrankung als schwierig erweist. Abschliessend kann man sagen, dass unsere Hunde mit dieser Erkrankung leben können, die Prognose ist also günstig, allerdings verlangt es vom Besitzer gewisse Zugeständnisse: regelmäßiger Tierarztbesuch mit Laborkontrollen, unbedingter zuverlässiger Zugang zu Wasser, teuere Medikamente, Spezialfutter.
Warnhinweis: Durch den fast unstillbaren Durst und der gleichzeitig vermehrten Urinausscheidung kann es zu einer Dehydration (Austrocknung) kommen.
Zeichen für eine Dehydration:
- Urin wird heller und riecht weniger
- zunehmend zähflüssigerer Speichel
- trockenes Maul
- eine angehobene Schleimhaut verschwindet zunehmend langsamer
- kaum wahrnehmbarer Puls (Alarm !)
- Bewusstlosigkeit
Zum Schluss ein kleiner Seitenhieb aus der Humanmedizin: Durch Alkohol wird die Ausscheidung von ADH gehemmt, es kommt zu verstärkter Wasser- und damit Urinabgabe.Der Flüssigkeitsmangel löst Kopfschmerzen aus, der mit einem Nachdurst am nächsten Morgen verbunden ist.
Geschrieben von W.Kirst
Quellen: Grünbaum EG,Herzo A.Rascher et al 1995
Sandrina Balanescua, Jonas Rutishauser
Klinik der Hundekrankheiten U.FreudigerE.-G. Grünbaum E.Schimke